Von Gräf & Stift bis ÖAF

Von Gräf & Stift bis ÖAF

Von Gräf & Stift bis ÖAF 1600 1200 ÖGHK

Rückblick auf die Sonderausstellung in Familie Fehrs Oldtimer Museum in Wiener Neustadt.

Tradition verpflichtet!

Gemäß diesem Spruch haben wir – Heinz und Lisl Mesicek –  uns als Kuratoren der Ausstellung zusammen mit den Betreibern des Oldtimer Museums Fehr entschlossen, wieder eine Sonderausstel-lung zu organisieren.  Diese widmeten wir von Dezember 2024 bis März 2025 der ältesten Automobilfabrik Österreichs, der Firma Gräf & Stift.

Mit den Fahrzeugen des „Vereins zur Förderung der historischen Fahrzeuge der österreichischen Automobilfabriken“ und Unterstützung durch Obmann Stefan Reitgruber sowie von 8 privaten Leihgebern konnten wir die Firmengeschichte von Gräf & Stift bis ÖAF mit den extrem seltenen Automobilen erzählen. Von den noch etwa 27 existenten Gräf & Stift PKWs durften wir immerhin 10 Fahrzeuge in Wiener Neustadt präsentieren.

Am 2. Dezember 2024 eröffnete Friedrich Fehr gemeinsam mit Rainer Spenger, dem Vize-Bürgermeister von Wiener Neustadt, die Ausstellung mit dem auch schon traditionellen Kuhglockengeläute. Nach der wieder hervorragend organisierten Eröffnungsfeier durch das Team des Museums konnten die vielen geladenen Gäste nach einem ersten Rundgang den Abend mit einem Essen auf Einladung der Familie Fehr gemütlich ausklingen lassen.

Zusammen mit den ausgestellten Fahrzeugen und sehr persönlichen Führungen erzählten wir bei den einzelnen Exponaten die Geschichte dieser ältesten Automobilfabrik Österreichs.

Wie alles begann.

Ferdinand Gräf kam mit seiner Familie aus Schlesien nach Wien. Drei seiner technisch begabten Söhne gründeten eine Fahrrad-Reparaturwerkstatt. Hier bauten sie schon bald eine kleine Voiturette – ausgerüstet mit einem quer eingebauten 3,5 PS starken De Dion Bouton-Motor und quer angeordnetem Antriebsstrang.

Der erste gelenkte Vorderradantrieb der Welt, im Februar 1900 zum Patent angemeldet, wurde in diesem Fahrzeug verbaut, das bis heute erhalten ist! Die Lösung des quer zur Fahrtrichtung eingebauten Antriebsblocks wird auch heute noch im Fahrzeugbau angewendet. Diese technische Pionierleistung ist nur eine der vielen Erfindungen der Brüder Gräf.

Die Voiturette erregte auf der Automobilausstellung 1901 Aufsehen. Wilhelm Stift, ein Weißwarenhändler mit gutem finanziellen Hintergrund, baute zu dieser Zeit bereits einen Kleinwagen mit Namen Celeritas. Er erkannte die Qualität der Arbeiten der Brüder Gräf, beschloss seinen Automobilbau einzustellen und mit den Brüdern Gräf gemeinsam Automobile in seinen Produktionsräumen herzustellen.  1901 war das Gründungsjahr der Firma Wiener Automobilfabrik AG Gräf & Stift.

Arnold Spitz, Vertreter von De Dion Bouton und Carl Benz in der K u. K-Monarchie, warb Otto Hieronimus, der ein Auto von Benz nach Wien lieferte, von Benz ab und  ließ sich von ihm ein eigenes Auto konstruieren. Die fehlende Infrastruktur veranlasste Spitz, die junge Firma Gräf & Stift zum Bau dieses Wagens zu engagieren. Spitz verpflichtete sich, in den Jahren 1902 und 1903 die gesamte Produktion abzunehmen. Arnold Spitz war auch einer der ersten „Altauto Händler“, denn um seine Wagen zu verkaufen, nahm er alte Autos zurück. Vertragliche Ungereimtheiten führten 1904 zur Auflösung der Zusammenarbeit zwischen Gräf & Stift und Spitz. Für Gräf & Stift eine gute Entscheidung, da Spitz sich verkalkuliert hatte, finanziell abstürzte und 1907 Konkurs anmelden musste.

Gräf & Stift hatte mit dem Spitz-Wagenbau so gut verdient, dass man 1904 in der Weinberggasse im 19. Wiener Gemeindebezirk bereits ein Grundstück kaufen und eine Fabrik errichten konnte. Schon ab 1905 baute man mit 70 Mitarbeitern große Limousinen mit eigenen Motoren. Das Kaiserhaus, der Adel und das Großbürgertum waren die Kundschaft. 1913 konnten bereits 300 Mitarbeiter beschäftigt werden.

Im 1. Weltkrieg musste die Produktion auf Nutzfahrzeuge ausgerichtet werden. Nach dem Krieg lief neben der Fertigung von Bussen und Nutzfahrzeugen auch die Produktion der Mittel- aber auch der Luxusklasse-Pkws wieder an. Die wirtschaftlich angespannte Zeit wirkte sich jedoch negativ auf den Verkauf der großen Limousinen aus und führte zur Einstellung des Pkw-Baus noch vor dem 2. Weltkrieg.

Einstellung des PKW-Bau

Ähnlich war die Situation bei Austro Fiat – ebenfalls Lieferant des Kaiserhauses und ab 1921 in Österreichische Automobilfabrik „ÖAF“ umbenannt. Sie stellte in den 1930er Jahren ebenfalls den Pkw-Bau ein und hatte nur mehr Nutzfahrzeuge im Programm.

Nach dem 2. Weltkrieg war die Situation nicht viel anders. Das Augenmerk war wieder auf Nutzfahrzeuge und dem Autobusbau gerichtet. In den folgenden wirtschaftlich und finanziell turbulenten Zeiten kam es zur Verschmelzung vieler am Automobilsektor tätigen Firmen. 1971 erwarb ÖAF 99% der Aktien von Gräf & Stift und man fusionierte zur ÖAF-Gräf & Stift AG. ÖAF selbst war bereits 1970 von MAN übernommen worden.

1988 wurde das alte Werk in der Weinberggasse abgetragen und das neue Werk in Wien-Liesing von MAN auf den Gräf & Stift Gründen errichtet. ÖAF Gräf & Stift AG war bis 2001 die Firmenbezeichnung. Der Name Gräf & Stift war somit genau 100 Jahre im Firmentitel!

Seit 2001 hat „MAN Sonderfahrzeuge“ als Firmenname Verwendung gefunden.

Bericht von Lisl und Heinz Mesicek

Vielen lieben Dank!!!

Liebe Lisl und lieber Heinz!

Danke für diese einzigartige Ausstellung, die ihr hier zusammengestellt habt und Euren Einsatz für das historische Kraftfahrzeug. Wir wünschen Euch viel Gesundheit und freuen uns schon auf die nächste Ausstellung!